Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden mehr als drei Millionen Deutsche aus der Tschechoslowakei vertrieben, die Mehrheit davon aus dem Sudetenland. Dieser Name bezeichnete ursprünglich die Gegend entlang der nordböhmischen Grenze, später dann aber sämtliche Grenzgebiete Böhmens und Mährens. Praktisch zugleich mit der Vertreibung wurde die Neuansiedlung in den dortigen Städten und Gemeinden betrieben. Zu den Zuwanderern gehörten auch Slowaken aus Rumänien. Sie wurden aber mit falschen Versprechungen in das Land ihrer Vorfahren zurückgelockt.
Goldgräber, die sich das verlassene Vermögen in den Sudetengebieten aneignen wollten, Arme, die während der deutschen Okkupation obdachlos geworden waren, und Enthusiasten, die der befreiten Republik helfen wollten – diese alle bildeten nach dem Zweiten Weltkrieg eine bunte Mischung der Neuansiedler in den tschechischen Grenzgebieten. Einige verweilten nur kurz, andere fanden in der rauen Berglandschaft ihr neues Heim. Es gab aber auch jene, die gegen ihren Willen ins Sudetenland gerieten. Dabei handelte sich aber nicht um Sträflinge, sondern um Tschechen und Slowaken aus den Ausland, die einer Aufforderung der tschechoslowakischen Regierung vom Juli 1945 folgten. Sie sollten in ihre alte Heimat zurückkehren und die verlassene Gegend besiedeln. Pavel Mörtl ist Publizist und Schriftsteller aus dem südböhmischen Budweis / České Budějovice: …
… Die rumänischen Slowaken blieben trotzdem sehr lange misstrauisch gegenüber ihrer neuen Umgebung und bildeten eine geschlossene Gemeinschaft. In manchen Ortschaften Südböhmens waren sie sogar in der Mehrheit. Sie hielten an ihren Bräuchen, ihrer Sprache und vor allem an ihrer Religion fest. Dies wurde nach der Machtübernahme durch die Kommunisten im März 1948 zu einem Problem: Das Abhalten von Religionsunterricht wurde verboten. Benešov nad Černou erlebte 1953 sogar einen kleinen Aufstand.
„Pfarrer Stanislav Sasina, der 1948 nach Benešov gekommen war, hielt seine Gottesdienste und betätigte sich völlig zur Zufriedenheit der Bewohner. Da er aber die Kommunisten nicht mochte, streuten diese unter den Gläubigen das Gerücht, dass der Pfarrer ein Agent sei und die Aussiedler über die Grenze bringen wolle. Als die rumänischen Slowaken aber erfuhren, dass er verhaftet werden sollte, versteckten sie ihn in einem Haus. Die Geheimpolizei kam, und die Bewohner versammelten sich in der Kirche. Auf die Frage der Polizisten, wo der Pfarrer sei, begannen die Frauen laut die Freiheit für ihn zu fordern. Der Erzählung nach standen die Männer hinter ihnen und muhten wie Kühe. Nur die Frauen haben wohl das Wort ergriffen“, so Pavel Mörtl.
Die Polizei musste schließlich Verstärkung rufen, um die Masse zu beruhigen. Pfarrer Sasina war tatsächlich noch eine gewisse Zeit in Benešov tätig, er wurde aber später wie andere Geistliche auch verhaftet und ins Gefängnis gesteckt. Solche Vorfälle führten dazu, dass die rumänischen Slowaken in Südböhmen noch stärker zusammenhielten. Erst die nächste Generation begann, Kontakte mit ihrer Umgebung anzuknüpfen.
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