Professor Alfred de Zayas warnt vor Verharmlosung der Vertreibung
Still war es um ihn geworden, seine Expertisen schienen nicht mehr gefragt. Nun hat sich Professor Alfred de Zayas, 1997 mit der Ehrenplakette des Bundes der Vertriebenen (BdV) und sieben Jahre später mit dem Menschenrechtspreis der SL ausgezeichnet, mit Thesen zu völkerrechtlichen Fragen, insbesondere zum Umgang mit den Beneš-Dekreten, in der Öffentlichkeit zurückgemeldet – bemerkenswerter Weise in einem Sammelband der Vertriebenengruppe der AfD. De Zayas hält ein eindringliches Plädoyer fur eine Verpflichtung zur Wiedergutmachung des Vertreibungsunrechts:
„Man soll darauf abheben, dass Artikel 6c des Statuts des Nürnberger Tribunals vom 8. August 1945 Vertreibungen als Verbrechen gegen die Menschheit eingestuft hat. Mehrere nationalsozialistische Politiker wurden in Nürnberg wegen Vertreibung polnischer Bürger verurteilt. Weil das Völkerrecht per definitionem fur die ganze Welt gilt, kann es nicht sein, dass die vom Deutschen Reich begangenen Vertreibungen Verbrechen darstellten, nicht aber die von der Tschechoslowakei begangenen Vertreibungen. Bekanntlich verjahren Verbrechen gegen die Menschheit nicht. Darum sind die Dekrete nicht nur volkerrechtswidrig und verbrecherisch – es gibt eine Verpflichtung zur Wiedergutmachung, die ebenfalls nicht verjährt.“
De Zayas verbindet diese seine Klarstellung mit der Aufforderung an die AfD, gegen die anhaltende Verharmlosung der Vertreibung Stellung zu beziehen, denn sie bedeute eine unzulässige Diskriminierung der Öpfer. In diesem Zusammenhang, so der bekannte Völkerrechtler und Historiker amerikanischer Abstammung, müsse an Artikel 26 des UNO-Paktes über bürgerliche und politische Rechte erinnert werden, der die rechtliche Gleichheit aller Menschen garantiere und jegliche Willkur und Diskriminierung verbiete.
„Die Missachtung des Status der Vertriebenen als Opfer kann zudem als eine Verletzung des Artikels 16 dieses Paktes verstanden werden, der das Recht auf Anerkennung als Rechtsperson garantiert.“
Der Professor, viele Jahre im Dienst der Vereinten Nationen in Genf, beklagt, dass die deutsche Rechtsposition zur Vertreibung seit Mitte der 1980er Jahre „nach und nach geschwächt“ worden sei:
„Bisher haben samtliche deutsche Bundesregierungen erklärt, dass sie die Vertreibung und entschädigungslose Enteignung nicht anerkennen. Es fehlen jedoch nicht nur Aktivitäten, um dem Recht zur Geltung zu verhelfen, vielmehr haben die Bundesregierungen sogar mehrfach Grund zu der Einschätzung gegeben, dass sie die durch die Vertreibung geschaffenen Fakten nicht nur politisch hinnehmen, sondern sogar rechtlich anerkennen. Die Haltung der deutschen Regierungen gegenüber den Vertriebenen war und bleibt inkonsequent. Man braucht mehr als Rhetorik.“
Die AfD, so der Appell des Juristen, müsse auf der „uniformen Einhaltung“ des Völkerrechts bestehen. „Es gibt kein Völkerrecht nach Belieben!“
Entscheidungen der Regierungen Kohls, Schröders und Merkels, die auf die menschenrechtlichen Ansprüche der Sudetendeutschen und anderen Vertriebenen verzichteten, hätten dem Völkerrecht Schaden zugefügt.
SUDETENPOST, 7/2019, 4.Juli 2019, Seite 9
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