"Unsere Vorfahren dachten, dass Gemeinschaft entstehen kann, wenn sie alle Feinde vertrieben haben, sie haben aber das Gegenteil erreicht. Sie haben ihre eigenen Dämonen herausgelassen. Und seit dieser Zeit, treiben sie sich hier herum. Dass unser Land eines der meist gegeneinanderhetzten Länder Europas ist, ist auch dem Zustand zu verdanken, dass wir alle Spiegel, die wir früher hatten, entfernt haben."
Eine historische Geschichte, die in einem malerischen Dorf bei Iglau/Jihlava nach dem Kriegsende geschah. Doch das Ereignis kann auch heute nicht vergessen werden: Ein Massaker an Deutschen auf der Budinka-Wiese.
Das tschechische Theater VOSTO5 stellte im Rahmen des Festivals „4+4 Tage in der Bewegung“ (4+4 dny v pohybu) in Prag sein neues Dokumentartheaterstück unter dem Titel „Dechovka. Líde se mění, dechovka zůstává“ (Blasmusik. Die Menschen ändern sich, die Blasmusik bleibt) vor, das über diese Nachkriegsereignisse in der Gemeinde Dobrenz/Dobronín berichtet. Die Premiere fand in der bekanten Prager Gattstätte „Baráčnická rychta“ statt, die der Dobrenzer Gaststätte ähnelt.
Das Theater zeigt „die Situation nach Kriegsende, als im Dorf Dobrenz bei Iglau einheimische Tschechen während eines Tanzabends eine erste Gruppe von Sudetendeutschen ermordeten, die schon für die Vertreibung vorbereitet waren“ erläutert Petr Prokop, Mitglied des VOSTO5-Theaters. Das Schauspiel des Regisseurs Jiří Havelka ist in drei Szenen gegliedert, die nach den tschechoslowakischen bzw. tschechischen Präsidenten benannt wurden.
In der ersten Szene, der „Masaryk-Szene“, die sich im Jahre 1922 abspielt, stellt man die gemeinsame Mühe der Deutschen und Tschechen bei dem Bau der Gaststätte dar. In der nächsten, der „Beneš-Szene“ kommt es zu dem tragischen Fall, dem Massaker an den Deutschen. Und die letzte Szene aus dem Jahr 2012, benannt nach dem Präsidenten Klaus, zeigt den Gemeinderat bei der Entscheidung über eine Genehmigung für den deutschen Heimatkreis, ein Mahnmal zu bauen.
Das Ziel der Vorstellung sei es nicht, nach Schuldigen oder Ursachen zu suchen, sondern die Erinnerungen eines Dorfes der Öffentlichkeit zu präsentieren, betonte der Theatermacher Prokop gegenüber dem Tschechischen Fernsehen ČT.
Das Massaker auf der Wiese Budinka bei Dobrenz geriet 2010 in die Schlagzeilen. Ein tschechischer Journalist war auf den Roman „BergersDorf“ von Herma Kennel gestoßen. In einem Kapitel ihres dokumentarischen Romans wird die „Mordnacht in der Budinka“ geschilderte. Während der wilden Vertreibung sind auf der Budinka-Wiese bei Dobrenz/Dobronín mehrere Deutsche getötet worden. Dobrenz liegt nur wenige Kilometer von Bergersdorf entfernt. Der Journalist erstattet ausgehend von diesen Schilderungen Anzeige bei der Iglauer Polizei. Sie nahm sich dem Fall an, begann mit entsprechenden Ermittlungen und exhumierte im August 2010 die deutschen Opfer.
Diese Ermittlungen wie auch die Frage der Erinnerung an dieses Ereignis war Gegenstand republikweiter, zum Teil sehr emotionaler Diskussionen und wurde mehrfach von den tschechischen Medien aufgegriffen. Eine tschechische Ausgabe des Romans von Herma Kennel erschien 2011. Es bleibt eine lebendige Erinnerung, die durch das Theaterstück nun erneut öffentliche Aufmerksamkeit fand.
Kristína Brázdovičová, 23.10.2013
http://www.ackermann-gemeinde.de/11.html?&tx_ttnews[tt_news]=544&tx_ttnews[backPid]=5&cHash=6fe1738732e44b1ec986fcd2e985302d
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"Das Fernsehen ist nicht dazu da, um den Menschen zu erklären, dass die Nazis oder Kommunisten schlecht waren. Wenn sie nicht wissen, dass sie aus den Schulen entfernt werden müssen, kann ich ihnen nicht helfen.“
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„Was macht die Größe eines Menschen aus? Die Authentizität seines persönlichen Einsatzes. Jan Palach hat auf sich selbst keine Rücksicht genommen, man muss ihn deshalb als einen großen Menschen sehen. Heute ziehen Menschen es vor, in einer materiell bestimmten Welt zu leben, da muss man sich nicht wundern, dass sie sich mit entsprechenden Themen befassen. Sie hängen ihren Horizont tiefer. Im Hinblick auf den gegenwärtigen Fall des Erzbischofs muss man sich fragen, ob es sich um einen Mann der geistigen oder materiellen Welt handelt. Wer die Berücksichtigung seiner Themen erreichen will, muss sich irgendwie von der materiellen Welt abheben.“
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"Für mich ist der Begriff „Kollektiv“ wahrscheinlich auf ewig entweiht, ich benutze das Wort „Gemeinschaft“. Es beschreibt aus meiner Sicht einen Zustand, in dem Menschen aus Gründen, die ihnen bewusst sind, zusammen leben. Unsere Vorfahren dachten, dass Gemeinschaft entstehen kann, wenn sie alle Feinde vertrieben haben, sie haben aber das Gegenteil erreicht. Sie haben ihre eigenen Dämonen herausgelassen. Und seit dieser Zeit, treiben sie sich hier herum. Dass unser Land eines der meist aufgehetztesten Länder Europas ist, ist auch dem Zustand zu verdanken, dass wir alle Spiegel, die wir früher hatten, entfernt haben."
Pavel Kosatík, Schriftsteller, Zeitschrift REFLEX, Dějiny nám nepomáhají (Die Geschichte hilft uns nicht), 23.10.2013
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Jan Šinágl, 30.10.2013
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