Die Vorstellung von Miloš Zeman, dass die Schuld der Sudetendeutschen als Verrat zu betrachten ist, für die die Schuldigen die Todesstrafe verdienten, gefällt mir irgendwie. Aber damit sind gewisse Komplikationen verbunden, nicht wahr? Erstens ist nicht klar, was genau dieser Akt des Verrats sein soll. Die meisten Sudetendeutschen haben sicherlich die Henlein-Partei SDP gewählt. Aber die Wahl war geheim, so dass wir nicht wissen, wer dieser Partei die Stimme gegeben hat. Und was noch wichtiger ist, wenn die Wahl der politischen Parteien ein offener Verrat gegen die Interessen seines Volkes darstellen soll und mit dem Tod bestraft soll, dann müssten wir die gleiche Strafe für diejenigen ausprechen, die in den Wahlen von 1946 bis 1988 die Kandidaten der Kommunistischen Partei gewählt haben oder die Mitglieder der sg. Nationalen Front.
Das kann daher zumindest nur diejenigen betreffen, die die Staatsbürgerschaft des Deutschen Reiches beantragt haben. Aber ohje, die haben die Deutschen ja automatisch erhalten, und es gab auch keine gesetzliche Grundlage, sie wieder los zu werden, es gab nicht einmal eine tschechoslowakische Vorschrift (im Gegenteil, die Einführung der deutschen Staatsbürgerschaft beruhte auf einer Vereinbarung zwischen der deutschen und tschechischen Seite).
Man könnte aber auch damit argumentieren, dass die Sudetendeutschen ihre Heimat verraten haben, indem sie im Jahre 1938 Hitlers Wehrmacht begrüßten. Gut, aber dann gehört auch jeder Tscheche auf den Hinrichtungplatz, der jemals an einer von den Kommunisten organisierten 1. Mai-Parade teilgenommen hat; wenn er dazu noch Banner oder Fahnen geschwungen hat, sollte seine Schuld besonders streng beurteilt werden. Wie man sieht, führt uns auch dieses Kriterium nicht weiter.
Somit bleibt uns nur, gemäß dem in den Benes-Dekreten verankerten Schlüssel zu handeln und wahllos alle ethnischen Deutschen als Verräter anzusehen, mit Ausnahme derer, die aktiv gegen den Nationalsozialismus gekämpft haben - und deswegen das Ende des Krieges in der Regel nicht erlebt haben. Es ist bekannt, dass das Nazi-Regime seinen Feinden gegenüber nicht besonders tolerant war. Darüber hinaus stellt sich die Frage, was am Nationalsozialismus, der wegen der etnischen Herkunft die Juden ermordete, schlecht sein soll, wenn schon die Staatsangehörigkeit eine Schuld in sich birgt, für die die Todesstrafe verhängt werden kann. Auch sollte man herausarbeiten, warum die Deutschen, die zur Zeit des Verrats Kleinkinder waren und noch keine Meinung äußern konnten, ebenfalls schuldig sind. In Aussig hat man sich darüber nicht den Kopf zerbrochen und bei dem Massaker an der deutschen Bevölkerung die kleinen Verräter gleich samt Kinderwagen in die Elbe geworfen. Wir sollten doch konsequenter sein und anerkennen, dass zumindest in ihrem Fall aufgrund des Alters mildernde Umstände angebracht wären.
Kurzum, Zeman Lösung wirft zahlreiche Probleme auf, ich möchte fast sagen, dass, wenn sich nicht direkt aus der Verfassung die Immunität vor Strafverfolgung für den Präsidenten der Republik ergäbe, man ihm anlässlich seiner Äußerungen in Österreich Billigung des Völkermordes vorwerfen müsste....
http://paragraphos.pecina.cz/2013/04/stejnym-metrem.html
Uebersetzt von Jan Šinágl, 26.4.2013
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