… Wir erinnern uns nicht nur an den EU-Beitritt Tschechiens, wo im Vorfeld, als die Entscheidung noch nicht wirklich anstand, gar nicht wenige Politiker den Mund sehr voll genommen haben. Das Europaparlament forderte 1999 sogar die Aufhebung der Benes-Dekrete – und blieb so wie die meisten anderen still, als die Tschechen fünf Jahre später samt den Dekreten beitraten. Die Geschichte dürfte sich nun im Fall Kroatiens wiederholen: Der Beitritt ist beschlossene Sache. Die Forderung der Donauschwaben, vor dem EU-Beitritt die Restitutionsfrage endgültig zu klären, wird – wie man auf gut Wienerisch sagt – „net amol ignoriert“. …
Bei entsprechenden Anlässen gibt es Streicheleinheiten für die Vertriebenen. Zum Standard-Repertoire eines jeden Sonntagsredners gehört die Würdigung der Verdienste der Sudetendeutschen und anderer Vertriebenengruppen für den Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg. Weil das Thema Integration gerade heutzutage immer aktuell ist, werden die Vertriebenen auch noch als Musterbeispiele für gelungene Integration hingestellt. Selbst Politiker, deren Geschichtekenntnisse ansonsten gegen Null tendieren, haben entsprechende Worthülsen brav einstudiert und fischen damit nach den Stimmen der gebauchpinselten Vertriebenen.
Wenn es aber konkret wird und die so verdienstvollen Österreicher bzw. Deutschen mit Vertreibungshintergrund von der Politik nicht nur (geheuchelte) Worte, sondern Taten erwarten, dann hält sich das Engagement der meisten Lobhudler sehr in Grenzen. Wir erinnern uns nicht nur an den EU-Beitritt Tschechiens, wo im Vorfeld, als die Entscheidung noch nicht wirklich anstand, gar nicht wenige Politiker den Mund sehr voll genommen haben. Das Europaparlament forderte 1999 sogar die Aufhebung der Benes-Dekrete – und blieb so wie die meisten anderen still, als die Tschechen fünf Jahre später samt den Dekreten beitraten. Die Geschichte dürfte sich nun im Fall Kroatiens wiederholen: Der Beitritt ist beschlossene Sache. Die Forderung der Donauschwaben, vor dem EU-Beitritt die Restitutionsfrage endgültig zu klären, wird – wie man auf gut Wienerisch sagt – „net amol ignoriert“.
Ähnlich erging es der Sudetendeutschen Landsmannschaft mit ihrer im April vergangenen Jahres beschlossenen Protestresolution, in der die Untätigkeit der österreichischen Bundesregierung beklagt und mehr Einsatz für die Belange der Vertriebenen eingefordert werden. Offensichtlicher kann das Desinteresse an einer Causa nicht mehr demonstriert werden. Erst geschah gar nichts. Die Landsmannschaft hatte die Resolution zwar an alle Minister gemailt (der heute nicht unübliche Postweg), doch weil das nicht der Amtsweg war, wurde die Resolution nicht einmal zur Kenntnis genommen. Erst, nachdem diese Ende Juni ein weiteres Mal per Post ans Kanzleramt versendet wurde, gab es Anfang Juli die Rückmeldung, dass die Resolution „dem Ministerrat vorgelegt“ worden sei. Das klingt ja zunächst halbwegs gut. Die Bundesregierung hat sich mit dem Thema befasst. Doch das wäre eine Fehlinterpretation: Wenn eine Resolution dem Ministerrat vorgelegt wurde, bedeutet das noch lange nicht, dass er sich inhaltlich damit befasst hat. Jedenfalls blieben Anfragen im Bundeskanzleramt nach dem weiteren Schicksal der Resolution bislang unbeantwortet.
Was soll man daraus für Schlüsse ziehen? Zunächst vielleicht diesen: Es waren Ferien, aber im Herbst wird sich die Bundesregierung mit ganzem Elan den in dieser Resolution angesprochenen Anliegen widmen. Der Herbst ist vorbei, der Winter inzwischen auch. Ein ganzes Jahr ist ins Land gezogen.
Damit drängt sich dieser Schluss auf: Die Resolution wurde im Bundeskanzleramt schubladisiert und keiner zerbricht sich noch den Kopf darüber. Größere Unmutsbekundungen seitens der Sudetendeutschen sind erfahrungsgemäß nicht zu erwarten. Schon in der Vergangenheit konnten sie stets mit ein paar Streicheleinheiten an Gedenktagen ruhiggestellt werden. Gott sei Dank sind diese Vertriebenen nie Revoluzzer gewesen, die ihre große Masse in die politische Waagschale geworfen hätten.
Aber, bitte nicht vergessen, liebe Politiker: Heuer wird wieder einmal das Parlament neu gewählt. Ob sich die Vertriebenen noch einmal mit leeren Versprechungen und ein paar Bauchpinseleien abspeisen lassen werden, ist zumindest nicht sicher. Die ohnehin nicht im Stimmenüberfluss schwimmenden Regierungsparteien wären daher gut beraten, sich die April-Resolution noch einmal gut durchzulesen und vielleicht schleunigst mit dem Abarbeiten der dort angeführten Punkte zu beginnen. Sonst könnten sich die Vertriebenen im Herbst an der Wahlurne denken: Net amol ignorieren!
Von Manfred Maurer
Dieser Kommentar von Manfred Maurer erschien in der Sudetenpost Folge 4 vom 11.April 2013.
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